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12. August 2025

Yoga-Mensch-Natur

Eine meiner liebsten Geschichten aus dem alten Indien stammt aus der Chāndogya Upaniad. Darin sucht ein junger Mann, Satyakāma einen Lehrer der Veden, Gautama auf und bittet darum, von ihm unterrichtet zu werden. Der Lehrer willigt ein und nimmt Satyakāma als Schüler an. Sehr zu Satyakāmas Verwunderung beginnt sein Lehrer jedoch nicht damit, ihn zu unterrichten, sondern er stellt ihm eine Aufgabe. Er übergibt ihm vierhundert abgemagerte, kränkliche Kühe und sagt ihm, er solle mit ihnen in die Wälder ziehen, sich um sie kümmern und erst wieder zurückkommen, wenn ihre Zahl auf eintausend Kühe angewachsen ist. Satyakāma staunt zwar über die Bitte seines Lehrers, aber er zieht mit den Tieren los und kümmert sich über viele Jahre hingebungsvoll um sie. Eines Tages, als Satyakāma abends am Lagerfeuer sitzt und in die Flammen blickt, kommt eine der Kühe zu ihm und spricht ihn an. Sie sagt: „Satyakāma, unsere Zahl ist auf eintausend gewachsen, kehre mit uns zum Haus deines Lehrers zurück.“ Und sie sagt weiter: „Ich werde dir heute einen Teil des Wissens enthüllen, nach dem du suchst.“ Am Tag darauf, treibt Satyakāma die Kühe zusammen und macht sich mit ihnen auf den Heimweg. Die Reise dauert mehrere Tage und an jedem Abend erhält er eine weitere Belehrung. Am nächsten Abend, als er wieder am Lagerfeuer sitzt, spricht das Feuer selbst ihn an und enthüllt ihm einen weiteren Teil des Wissens. Am folgenden Abend, kommt ein Schwan zu ihm und belehrt ihn und am letzten Abend ist es ein Haubentaucher, der ihm den letzten Teil des Wissens weitergibt. Am folgenden Tag kommt Satyakāma mit den Kühen bei seinem Lehrer an. Gautama begrüßt ihn herzlich und sagt: „Deine Augen leuchten, wie die Augen von jemandem, der das Geheimnis des Seins erkannt hat.“

Für Satyakāma ist die Natur selbst zur Lehrerin geworden, er hat eine tiefe Verbindung zur Natur erfahren, indem er in den Wäldern gelebt hat und sich liebevoll um die Tiere gekümmert hat, die ihm anvertraut wurden.

Zum Dank hat die Natur ihn von einer fundamentalen Illusion befreit, nämlich das Mensch und Natur voneinander getrennt sind. Sie hat ihm gezeigt, dass alles nur in gegenseitiger Abhängigkeit existiert und dass alles aus einer gemeinsamen Quelle stammt. Diese Erkenntnis hat seine Augen zum Leuchten gebracht, er hat Frieden gefunden und war im Einklang, mit sich und der Welt. Genauso wie für Satyakāma, kann die Natur auch unsere Lehrerin sein. Wenn wir mit offenen Sinnen durch den Wald gehen, erfahren wir Heilung. Alles spricht zu uns, Pflanzen, Tiere, die Elemente, wir können lernen, ihnen zuzuhören und sie zu verstehen. Wenn wir auf der Yogamatte aufmerksam in uns hineinhorchen, können wir uns genauso mit der Natur verbinden. Die Elemente der Natur finden wir in unserem Körper wieder, der Mikrokosmos unseres Körpers ist ein Spiegelbild des Makrokosmos der Natur. Wir können lernen, die Sprache unseres Körpers zu verstehen, wir können die Elemente spüren, und sie mit Yogaübungen in Balance bringen. Damit fördern wir unsere körperliche und seelische Gesundheit.

Der moderne Mensch hat sich sehr von der Natur entfremdet, um das zu erkennen müssen wir uns nur ihren Zustand anschauen, die Klimakrise, das Artensterben oder die Abholzung der Regenwälder. Was dabei oft übersehen wird ist, dass sich der Mensch, mit der Entfremdung von der Natur auch von sich selbst entfremdet hat. Beides geht Hand in Hand, es sind zwei Seiten derselben Medaille. Die Folgen sind katastrophal, für die Gesundheit der Natur, genauso wie für die körperliche und seelische Gesundheit des Menschen

Yoga ist auf verschiedene Arten heilsam, die Verbindung zu Natur und die Anbindung an unsere gemeinsame Quelle wiederzuentdecken ist eine davon.

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